Edwin und Lyda Geist (Archiv R. Kaiser)Edwin Ernst Moritz Geist, Komponist und Musikschriftsteller, wurde am 31. Juli 1902 in Berlin geboren. Über seine Lebensjahre in Deutschland ist wenig bekannt: 1924/25 war er an öffentlichen Bühnen tätig, war Kapellmeister in Zürich, schrieb Kompositionen und kleinere Aufsätze in Musikzeitschriften. Als so genannter „Halbjude“ wurde ihm 1937 von der Reichsmusikkammer Berufsverbot erteilt. 1938 / Anfang 1939 übersiedelte er nach Litauen und lebte dort mit seiner zweiten Frau, der jüdischen Pianistin Lyda Bagriansky in Kaunas. Aus Berlin mitgenommen hatte er sein dort 1938 beendetes Musikschauspiel „Heimkehr des Dyonisos“, außerdem wichtige Kompositionen wie die „Kleine deutsche Totenmesse“. Zwei Orchesterstücke „Aus Litauen“ entstanden zwischen 1939 und 1941. In Kaunas pflegte Geist die Freundschaft mit dem Ehepaar Max und Helene Holzman. Helene Holzman hat in ihren späteren Aufzeichnungen den Leidensweg von Edwin und Lyda Geist, der mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht begann, und die vergeblichen Bemühungen um Rettung beschrieben. Edwin und Lyda Geist mussten in das Ghetto von Kaunas übersiedeln. Im März 1942 konnte Edwin das Ghetto verlassen und erreichte mit Mühe im August 1942 auch die Freilassung von Lyda. Am 10. Dezember 1942 wurde Geist verhaftet und auf Befehl von SS-Hauptscharführer Helmut Rauca im IX. Fort erschossen. Aus Verzweiflung begang Lyda Anfang Januar 1943 Selbstmord. Die Notenmanuskripte Geists wurden von litauischen Freunden aus der polizeilich versiegelten Wohnung entwendet und gerettet. Aus der damaligen Sowjetrepublik Litauen gelangte ein Teil des musikalischen Nachlasses in den Besitz der Staatsbibliothek Ost-Berlin. Mit den Aufzeichnungen von Helene Holzman (2000), der Aufführung von „Die Heimkehr des Dyonisos“ 2002 im Russischen Theater in Vilnius und der Edwin-Geist-Biographie von Reinhard Kaiser (2004) wird die Musik von Edwin Geist wiederentdeckt. Um Leben und Werk kümmert sich auch die Internationale Edwin Geist Gesellschaft.

Literatur / Medien
[Holzman, Helene] "Dies Kind soll leben". Die Aufzeichnungen der Helene Holzman 1941–1944, hrsg. von Reinhard Kaiser u. Margarete Holzman, Frankfurt/M. 2000; Kaiser, Reinhard: "Stündlich zähle ich die Tage ..." Tagebuch für Lyda, März bis August 1942, Berlin 2012; Ders.: Unerhörte Rettung. Die Suche nach Edwin Geist, Frankfurt/M. 2004 
https://de.wikipedia.org/wiki/Edwin_Geist
http://www.edwin-geist.de/
https://collections.ushmm.org/search/catalog/pa1159991
https://radiergummi.wordpress.com/2013/04/12/edwin-geist-stundlich-zahle-ich-die-tage/ 
Leseprobe: http://www.reinhardkaiser.com/LesesaalNeu/VersammelteWerke/unerhoerterettung.htm

Fotos: Archiv Reinhard Kaiser