Region Westmakedonien / Regionalbezirk Kastoria

Gedenkstätte in KlissouraDer Ort
Das zur Gemeinde Kastoria gehörende Klissoura (auch: Klissura, Klisura und Kleissoura) ist ein kleiner, auf ca. 1.100 Meter Höhe liegender Ort mit etwa 250 Einwohner/innen.
Klissoura gehört wegen des Massakers vom 5. April 1944, das die Nürnberger Militärrichter als eine der tückischsten Niedermetzelungen von hilflosen Männern, Frauen und Kindern wertete, seit dem Jahr 1998 zu den Märtyrerorten Griechenlands (gem. Präsidialdekret 399/1998).
Von Kastoria aus erreicht man Klissoura über die Landstraße in Richtung Florina/ Amyndeo, von der nach 27 km nach Klissoura abgebogen wird (30 km ab Kastoria).

Das Ereignis
Am 5. April 1944 überfiel eine Kampfgruppe des SS-Panzergrenadier-Regiments 7 der 4. SS-Polizei-Panzergrenadier-Division unter dem Kommando des Regimentskommandeurs SS-Standartenführers Karl Schümers das Dorf Klissoura. Der Anlass für diese „Sühnemaßnahme" war der tags zuvor fehlgeschlagene Angriff einer ELAS-Partisaneneinheit auf einen deutschen LKW-Konvoi, von dem die Partisanen fälschlicherweise annahmen, er diene dem Transport zur Deportation bestimmter Jüdinnen und Juden ab Thessaloniki (siehe auch: Judenverfolgung in Griechenland).
Als Reaktion auf den Tod zweier Männer der Konvoi-Begleitmannschaft fiel Schümers Kampftruppe in Klissoura ein und metzelte wahllos weit über 200 Menschen nieder, überwiegend Frauen und kleine Kinder. Griechische Quellen (u.a. der Nationalrat für die Entschädigungsforderungen Griechenlands) nennen 270 Opfer.

Gedenkstätte (Detail)Gedenken
Im Ortskern vor der Kirche, an der sich auch eine historische Aufnahme des Ortes mit Hinweis auf das Massaker befindet, wird links in Richtung Kloster Moni Panagias zur Gedenkstätte abgebogen, die sich an der zweiten Kirche Klissouras befindet.

Nach 1945
Im siebten der insgesamt 12 Nachfolgeverfahren der Nürnberger Prozesse (The United States of America vs. Wilhelm List, et al., auch: Fall 7, Geiselmord-Prozess und Prozess Generäle in Südosteuropa), in dem sich vom 8. Juli 1947 bis zum 19. Februar 1948 vor dem amerikanischen Militärtribunal V Generalfeldmarschälle und Generale der Wehrmacht wegen in den besetzten Ländern Jugoslawien, Albanien und Griechenland verübter Kriegsverbrechen zu verantworten hatten, kam dem Blutbad von Klissoura ein besonderer Stellenwert zu.
Gedenkstätte (Detail)Hellmuth Felmy, von Juni 1943 bis Oktober 1944 Befehlshaber des LXVIII. Armeekorps in Griechenland, in dessen Zuständigkeit auch das Massaker von Klissoura fiel, stritt ab, dass Schümers Regiment (der selbst am 18. August 1944 bei Arta auf eine Mine gefahren und ums Leben gekommen war) ihm unterstellt war. Dennoch sah dies das Gericht als erwiesen an, da eine „Untersuchung stattgefunden hat, daß der Kampfbericht des kommandierenden Offiziers für falsch befunden wurde und daß festgestellt wurde, daß das Vergehen des Regimentskommandeurs über die bestehenden Befehle weit hinausging. Nach der Feststellung dieser Tatsachen empfahl der Angeklagte Felmy ein Disziplinarverfahren (Verfahrensmethode bei geringfügigen Verstößen) gegen den befehlshabenden Offizier angesichts der Verluste, die das Regiment zur damaligen Zeit im Kampfraum gehabt hatte.[...] Er scheint kein Interesse daran gehabt zu haben, den schuldigen Offizier der gerechten Strafe zuzuführen. Zwei [die Massaker von Klissoura und Distomo, die Red.] der tückischsten Niedermetzelungen von hilflosen Männern, Frauen und Kindern scheinen auf vollkommene Gleichgültigkeit seinerseits gestoßen zu sein" (Zöller/Leszczynski, S. 164f.).

Das Gericht verurteilte Hellmuth Felmy am 19. Februar 1948 wegen der Anklagepunkte 1 (Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Massenmord) und 2 (Plünderung und Raub) zu 15 Jahren Haft.
Im Zuge der Amnestie, die der amerikanische Hohe Kommissar John McCloy für inhaftierte Verurteilte der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse erließ, wurde Felmy jedoch bereits im Dezember 1951 aus dem Landsberger Kriegsverbrecher-Gefängnis entlassen.

Literatur / Medien:
Messerschmidt, Manfred: Partisanenkrieg auf dem Balkan, Ziele, Methoden, „Rechtfertigung", in: Droulia, Loukia / Fleischer, Hagen (Hg.): Von Lidice bis Kalavryta - Widerstand und Besatzungsterror; Studien zur Repressalienpraxis im Zweiten Weltkrieg, Berlin 1999, S. 65-92; Nationalrat für die Entschädigungsforderungen Griechenlands an Deutschland (Hg.): Schwarzbuch Besatzung, 3. Auflage, Athen 2012; Rondholz, Eberhard: Rechtsfindung oder Täterschutz? Die deutsche Justiz und die „Bewältigung“ des Besatzungsterrors in Griechenland, in: Droulia, Loukia / Fleischer, Hagen (Hg.): Von Lidice bis Kalavryta - Widerstand und Besatzungsterror; Studien zur Repressalienpraxis im Zweiten Weltkrieg, Berlin 1999, S. 225-291; Zöller, Martin / Leszczynski, Kazimierz (Hg.): Fall 7. Das Urteil im Geiselmordprozess, Berlin 1965; www.dmko.gr/martyrikes-polis-2/martyrikes-polis/klisoura; en.wikipedia.org/wiki/Kleisoura,_Kastoria