Region Attika / Regionalbezirk Piräus

Der Ort
Gedenkstätte NikeaNikea (bis 1940: Kokkinia) ist ein Ort im Großraum Athen mit ca. 90.000 Einwohner/innen, liegt nur etwa 8 km westlich der Akropolis und ist sowohl mit Athen als auch mit Piräus siedlungsmäßig zusammengewachsen. Auf dem Gemeindegebiet Nikeas befinden sich auch der Dritte Athener Friedhof und der Jüdische Friedhof Athens.
Anfahrt: Ab Athen „Omonia“ mit Tram 21 (Oberleitungsbus)

Die Ereignisse
Nikea war, nicht zuletzt wegen der großen Hungersnot im ersten Besatzungswinter 1941/1942, zu einer der „roten Hochburgen“ im Großraum Athen geworden. Es kam wiederholt zu Kampfhandlungen zwischen Menschen aus dem Umfeld von EAM/ ELAS und Polizei, griechischen Kollaborateuren und Mitgliedern der sogenannten „Sicherheitsbataillone“.

„Blocco von Kokkinia“
Seit dem Amtsantritt von Dr. Walter Blume als Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD (BdS) in Athen im November 1943 waren Razzien (Bloccos) ein oft angewandtes Mittel, um - neben der Suche nach echten oder vermeintlichen „Kommunisten“ - den Arbeitskräftemangel der heimischen Rüstungsindustrie zu befriedigen. Diese Razzien liefen meist ähnlich ab: Im Morgengrauen umstellten deutsche Einsatztruppen zusammen mit Mitgliedern der Sicherheitsbataillone (zusammen meist mehrere tausend Mann) den Ort, per Lautsprecher wurden alle männlichen Einwohner zwischen 14 und 60 Jahren aufgefordert, sich sofort auf einem zentralen Versammlungsort einzufinden, während Haus für Haus durchsucht wurde. Waren alle Männer zusammengetrieben, wurden ihre Papiere gegen Suchlisten geprüft, und Informanten sorgten dafür, dass Sympathisanten des EAM-Widerstands sofort verhaftet wurden. Die so ausgewählten Männer wurden meist in das KZ Chaidari transportiert und danach zur Zwangsarbeit in deutsche Lager deportiert.

ERinnerung an den Blocco von KokkiniaDergestalt verlief in den Morgenstunden des 17. August 1944 auch der „Blocco von Kokkinia“: Ca. 100 Männer wurden gleich an Ort und Stelle erschossen, und zwischen 3.000 und 4.000 Männer wurden nach Chaidari gebracht, von denen später über 1.000 zur Zwangsarbeit deportiert wurden.
Am 25. August 1944 telegrafierte Kurt-Fritz von Graevenitz an den „Sonderbevollmächtigten des Auswärtigen Amts für Südosten“ Hermann Neubacher:
... Von in letzter Zeit in Kommunistenvierteln durchgeführten Razzien waren letzte im Stadtteil Nea Kokkinia besonders blutig verlaufen: Neben 3000 Festnahmen über 100 Kommunisten tot, davon zwei Drittel im Kampf und auf der Flucht erschossen, ein Drittel als Sühne für verwundeten Polizeihauptmann. ... “ (zit. nach Bundesarchiv, Dokument 308, S. 354).

Gedenken
Blocco von Kokkinia
Auf dem Platz vor dem Rathaus von Nikea, der im Volksmund Osia Xeni genannt wird, befindet sich seit den 1950er-Jahren eine Gedenkstätte für alle Opfer der deutschen Besatzung aus Nikea. Die Inschrift im Sockel der vom Bildhauer George Zongolopoulos geschaffenen Skulptur gilt „den Gefallenen“. Lediglich eine kleine Gedenktafel zeigt die Verbindung zur Razzia vom 17. August 1944 auf.
Das offizielle Emblem des Ortes beinhaltet ein Abbild dieser Skulptur.
Nikea, Platz des 17. August

Dritter Athener Friedhof
Gedenkstätte des Nationalen Widerstands, rechts davon die Gedenkstätte für Opfer aus EgaleoAuf dem 3. Athener Friedhof, auf dem sich die Gräber vieler Mitglieder des antifaschistischen Widerstands befinden (u.a. Nikos Belogiannis und Elli Pappa), steht nur wenige Meter hinter dem Eingang seit Ende der 1980er-Jahre das große Denkmal zu Ehren des Nationalen Widerstands gegen die deutsche Besatzung.

Direkt daneben hat die ca. 2 km nordöstlich vom Friedhof gelegene Gemeinde Egaleo (auch: Aegaleo) im Jahr 2010 eine Gedenkstätte für die Opfer des dort am 29. September 1944 während des deutschen Abzugs aus Athen verübten Massakers errichtet: „Die Gemeinde Aegaleo zum Gedenken und zur Ehrung der durch die deutschen Besatzungstruppen hingerichteten Bürger, 29.09.1944“. 84 Opfer sind hier namentlich aufgeführt; die genaue Anzahl der Opfer, die teilweise in ihren Häusern bei lebendigem Leib verbrannten, ist nicht bekannt.

Auf dem Friedhof befinden sich auch die Massengräber der 200 politischen Häftlinge des KZ Chaidari, die am 1. Mai 1944 auf dem Schießstand von Kesariani als „Sühnemaßnahme“ für das Attentat der ELAS auf den Geleitzug von Generalmajor Franz Krech hingerichtet wurden.
Der Friedhofseingang befindet sich etwas zurückgesetzt an der Kreuzung von Thivon- und Petrou-Ralli-Straße.

Jüdischer Friedhof
Holocaust Memorial auf dem Jüdischen FriedhofDie Jüdische Gemeinde Athens hat in den 1950er-Jahren auf dem Friedhof das erste Holocaustdenkmal Athens errichten lassen (ein weiteres Holocaust Memorial gibt es seit dem Jahr 2010 in der Athener Innenstadt).
Auf der Stele wird an alle griechischen Opfer der Judenverfolgung erinnert: Für jede größere Jüdische Gemeinde Griechenlands sind die (damals bekannte) Anzahl der Deportierten und die der Ermordeten angegeben.
Gleich links neben dem Eingang befindet sich zudem eine Gedenkstätte für die gefallenen jüdischen Soldaten und Offiziere, die 1940/1941 am Kampf gegen die Deutschen und Italiener teilnahmen.
Der Eingang des Jüdischen Friedhofs befindet sich in der Aghiou-Gheorghiou-Straße.

Literatur / Medien:
Mazower, Mark: Inside Hitler’s Greece – The Experience of Occupation 1941-44, New Haven 1993, S. 340ff.; Bundesarchiv (Hg.): Europa unterm Hakenkreuz - Die Okkupationspolitik des deutschen Faschismus in Jugoslawien, Griechenland, Albanien, Italien und Ungarn, Berlin 1992