Zvi Koretz wurde am 2. Juni 1884 in Rzeszów (Galizien, Polen) geboren und studierte in Berlin an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums mit abschließender Promotion in Philosophie und semitischen Sprachen. Die jüdische Gemeinde von Thessaloniki - größtenteils sephardische Juden, deren Vorfahren gegen Ende des 15. Jahrhunderts aus Spanien geflüchtet waren - wählte Dr. Koretz im Jahr 1933 zum Oberrabbiner und bestätigte ihn 1938 in dieser Funktion. Um 1900 stellten Menschen jüdischen Glaubens knapp die Hälfte der Bevölkerung Thessalonikis (80.000 von 173.000). Ihr Anteil verringerte sich durch Auswanderung bis 1940 auf ca. 50.000, damals etwa siebzig Prozent aller Juden Griechenlands.
Nachdem deutsche Truppen am 9. April 1941 in Thessaloniki einfielen, wurde Koretz am 15. April 1941 in Athen im Anschluss an eine Versammlung mit der Leitung der jüdischen Gemeinde gefangengenommen und in der Nähe von Wien inhaftiert. Neun Monate später kehrte er nach Thessaloniki zurück und nahm sein Amt wieder auf, hatte als deutschsprechender Ansprechpartner der Besatzer deren Anweisungen (u.a. zur Zwangsarbeit der männlichen jüdischen Bevölkerung, die alle Merkmale der „Vernichtung durch Arbeit“ aufwies) weiterzugeben/ umzusetzen.
Nachdem die bis dahin relativ kleine Dienststelle des Sicherheitsdienstes in Thessaloniki im Februar 1943 um ein vom Reichssicherheitshauptamt gesandtes SS-Sonderkommando um die SS-Hauptsturmführer Dieter Wisliceny und Alois Brunner verstärkt worden war, bereitete das „Sonderkommando der Sicherheitspolizei für Judenangelegenheiten Saloniki-Ägäis“ die Deportation der Juden von Thessaloniki nach Auschwitz vor (siehe auch: Judenverfolgung in Griechenland) und bestimmten u.a. Zvi Koretz zum Sprecher aller im Bereich des Befehlshabers Ägäis-Saloniki lebenden Juden. Anders als später die verantwortlichen Rabbiner Elias Barzilai in Athen und Mosche Pessach in Volos, die im Vorfeld der geplanten Deportationen in ihren Gemeinden Rettungsaktionen einleiteten, sodass sich ein Großteil der jüdischen Bevölkerung beider Städte in Sicherheit - meist in die von den Partisanen gehaltenen Gebiete - bringen konnte, verbreitete Koretz die von den Deutschen aufgebrachte Legende, das Ziel der Deportationszüge sei Krakau, wo die Juden aus Thessaloniki unter ihren Glaubensbrüdern ein neues Leben beginnen könnten.
Im Zeitraum vom 14. März bis zum 7. August 1943 wurden in 19 Zugtransporten 45.000 Juden, d.h. 95 Prozent der jüdischen Bevölkerung von Thessaloniki, deportiert, die meisten davon in das KZ Auschwitz-Birkenau. Knapp 34.000 Menschen wurden sofort nach ihrer Ankunft vergast; etwa 11.000 wurden als Häftlinge zur Zwangsarbeit selektiert.
Koretz wurde am 2. August 1943 zusammen mit seiner Familie, weiteren „priviligierten“ Gemeindemitgliedern, sowie Juden, die die spanische Staatsbürgerschaft hatten, in das Konzentrationslager Bergen-Belsen deportiert. Er gehörte zu den über 7.000 Häftlingen des Lagers, die im April 1945 in das Konzentrationslager Theresienstadt transportiert werden sollten, und gelangte als Insasse des „Verlorenen Zuges“ in das brandenburgische Tröbitz, wo er am 3. Juni 1945 an Flecktyphus starb.

Literatur / Medien:
Molho, Michael (Hg.): Israelitische Gemeinde Thessalonikis in Memoriam, gewidmet dem Andenken an die jüdischen Opfer der Naziherrschaft in Griechenland, Essen 1981 (das Original erschien 1948 in Thessaloniki); de.wikipedia.org/wiki/Zvi_Koretz; de.wikipedia.org/wiki/Verlorener_Zug