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Belzec – Täter/Kommandantur

Woiwodschaft Lublin/Wojew. Lubelski

Im Vernichtungslager Belzec wurden insgesamt 37 deutsche Täter eingesetzt. Maximal 20 Männer waren zur gleichen Zeit tätig. Nur einer von ihnen war nicht bei der Aktion T4 (systematische Ermordung kranker und behinderter Menschen) beschäftigt gewesen. Sie dienten in der Mordmaschinerie als „Pfleger“, Koch, Verwalter, Fahrer, „Desinfektor“ oder „Brenner“ an der Gaskammer.

SS-Männer vor Kommandantur (1942); Quelle: wikipedia Kommandantur neu (2021); Foto: Christoph Gomer

Sie waren nicht auf dem Lagergelände untergebracht, sondern wohnten außerhalb im Dorf, in der sog. „Kommandantur“ oder in nahegelegenen Häusern. Kommandanten waren: Christian Wirth (Dezember 1941 – Juli 1942) und Gottlieb Hering (August 1942 – Frühjahr 1943).

ehem. Traniki-Bar (2016)

Das Gebäude wurde umgebaut. Seit 2021 finden dort Seminare, Workshops usw. insbesondere für Schüler*innen statt.

Trawniki-Männer
In der Mordstätte Belzec wurden insgesamt etwa 220 bis 250 Trawniki-Männer als „verlängerter Arm“ der deutschen Täter eingesetzt, einer von ihnen war im Frühjahr 1943 wahrscheinlich John/Iwan Demjanjuk (er wurde vom Landgericht München am 12.5.2011 wegen Beihilfe zum Mord verurteilt (Rüter, Justiz und NS-Verbrechen, Bd. XLIX, S. 227). Gleichzeitig waren etwa 100 bis 120 tätig: bei der Ankunft von Transporten, als Wachleute, z.T. auch als Helfer bei der Vernichtung. Wie groß ihre Handlugnsoptionen zwischen Mord und Verweigerung waren, ist umstritten. Das Verhältnis der SS-Leute zu ihnen war einerseits von Zwang geprägt, aber sie boten diesen Männern auch Anreize und Belohnungen in Form von Alkohol. Vereinzelt kam es zu Desertionen. Trotz des strengen Verbots beschafften sich die Trawniki-Männer Geld und Wertgegenstände der Opfer. Sie kamen damit ins Dorf, um sie gegen Tabak oder Alkohol einzutauschen. Ein Treffpunkt war die sog. Trawniki-Bar.

Strafverfolgung der Täter
Obwohl im Vernichtungslager Belzec rund 470 000 Menschen ermordet worden waren, wurde in Deutschland nur einer der beteiligten Täter - wegen seiner in Belzec begangenen Verbrechen - verurteilt.
Im Herbst wurden nach Triest versetzt und dort 1944 von Partisanen getötet: der erste Lagerkommandant Christian Wirth; der stv. Lagerleiter Gottfried Schwarz; der zweite Lager- Kommandant Gottlieb Hering starb wahrscheinlich im Oktober 1945 in Stetten/Remstal
Kurt Franz, zeitweise stv. Lagerleiter, wurde im Treblinka-Prozess 1965 zu lebenslänglicher Haft verurteilt: Johann Niemann (Winter 1941-August 1942), Sobibor ab September 1942, wurde bei dem Aufstand 1943 getötet; der stv. Leiter Heinrich Barbl, Klempner und Heizer, nahe den Gaskammern, wurde 1943 nach Triest versetzt, weiteres unbekannt; Friedrich Tauscher, Oktober 1942 – Sommer 1943, dann in Triest; Selbstmord während eines anderen Verfahrens.

Einzig Josef Oberhauser, der auch Verbindungsmann zu SS- und Polizeiführer Odilo Globocnik war, musste sich wegen der Verbrechen in Belzec vor dem Landgericht München I verantworten. Er wurde wegen Beihilfe zum Mord in 300000 Fällen zu viereinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt; bereits 1966 wurde er aus der Haft entlassen (Rüter, Bd. XX, S 628ff.). Bei sieben SS-Männern lehnte das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens ab/stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein – es glaubte den Männern, dass sie geglaubt hätten, in einem „Befehlsnotstand“ zu handeln. Einige wurden später wegen ihrer Tätigkeit im Vernichtungslager Sobibor angeklagt: Das Landgericht Hagen verurteilte 1966 Werner Dubois und Ernst Fuchs zu drei bzw. vier Jahren Haft; Robert Jührs, Heinrich Unverhau und Ernst Zierke wurden freigesprochen (Rüter, Band XXV, S. 54ff.).

Literatur/Medien
Berger, Sara: Experten der Vernichtung. Das T4-Reinhardt-Netzwerk in den Lagern Belzec, Sobibor und Treblinka, Hamburg 2013; bes. S. 217ff., 363ff.
Kuwałek, Robert: Das Vernichtungslager Bełżec, 2. Auflage, Berlin 2014, S. 79ff.
Bildungswerk Stanisław Hantz u.a.: Fotos aus Sobibor. Die Niemann-Sammlung zu Holocaust und Nationalsozialismus, Berlin 2020, bes. S.103ff., 197ff.
Bildungswerk Stanisław Hantz: Die Kommandantur - der Wohn- und Verwaltungsbereich der deutschen Täter in Belzec, Broschüre, Kassel 2016
Rüter (Hg.): Justiz und NS-Verbrechen, Band XX, S. 628ff. Amsterdam/München, 1979.