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Lublin

Woiwodschaft Lublin (poln. Wojew. Lubelskie)

Der Ort
Großstadt von knapp 340.000 Einwohner*innen, darunter fast 100.000 Studierende an fünf Universitäten, im Osten Polens, Hauptstadt der Woiwodschaft Lublin. Bahnhof: Züge u.a. nach Warschau. Mit dem Auto von Berlin 750 km (A 12, A 2, S 17), von Warschau 170 km (A 12, S 17, S 12), nach Lviv/Lemberg (Ukraine) 217 km (E 372).

Entwicklung
Lublin hatte seit 1317 Stadtrechte und wurde bald ein bedeutender Handelsplatz. 1569 Hauptstadt der ‚Lubliner-Union‘ zwischen dem Königreich Polen und dem Großherzogtum Litauen, einer Adelsrepublik, die vom Baltikum bis in den Balkan, von Posen bis über Kiew reichte (siehe Zeittafel Polen). Nachdem Krakau 1596 Hauptstadt geworden war, schwand die Bedeutung Lublins. Am 3. Mai 1791 wurde die neue Verfassung der Union verabschiedet, mit Anleihen an die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte der französischen Republik von 1789, was den drei Monarchien der Teilungsmächte missfiel. In der „3. Teilung Polens“ wurde die Stadt 1795 Österreich, 1837 dem russischen Zarenreich zugeschlagen. 1918 war Lublin einige Tage Hauptstadt der 2. Polnischen Republik; 1944/45 kurze Zeit Sitz des ‚Lubliner Komitees‘, Vorläufer einer – nur von der Sowjetunion anerkannten – Übergangsregierung.

Denkmal Verfassung 3. Mai 1791; Quelle: wikimedia Denkmal Lubliner Union (Ausschnitt); Quelle: wikimedia Schloss, links vorne der Löwe von Lwow/Lemberg

Deutsche Besatzung
1939 hatte Lublin etwa 120000 Einwohner*innen, etwa 1/3 waren jüdisch. Die Stadt wurde am 18. September 1940 von der Wehrmacht besetzt. Am 1. November wurde die ‚Zivilverwaltung‘ im „Generalgouvernement“ eingeführt, Lublin wurde Hauptstadt des Distrikts Lublin, der etwa das Gebiet der heutigen Woiwodschaft umfasste und Sitz zahlreicher deutscher Besatzungseinrichtungen war.
- Gouverneur des Distrikts war Ernst Zörner. Er erklärte am 24. März 1941 den jüdischen Wohnbezirk zum Ghetto, es wurde ab 17. März 1943 aufgelöst, bis April wurden 26000 bis 30000 jüdische Menschen in das Vernichtungslager Belzec gebracht und dort mit Gas ermordet (vgl. näheres Lublin-Ghetto und Belzec-Vernichtungslager). Im Distrikts-Gebäude residierten u.a. das Arbeitsamt und die Abteilung Bevölkerungswesen und Fürsorge; sie hatten wichtige Aufgaben z.B. im Vorfeld der Ghetto-Errichtung, von Deportationen und bei der „Verschickung“ polnischer Arbeitskräfte zur Zwangsarbeit. Die Distriktsverwaltung saß im Gebäude ul. Spokojna 4.

Gebäude der Distriktverwaltung Dienstsitz der ‚Aktion Reinhardt“ „Julius-Schreck-Kaserne“ Collegium Iuridicum der Universität Globocnik-Villa (2020)

Gestapo-Gefängnis in der Zitadelle

Die Zentrale der Aktion Reinhardt, die die Ermordung und Ausplünderung von etwa 1,8 Mio jüdischen Menschen in den Vernichtungslagern Belzec, Sobibor und Treblinka 1942-1943 organisierte, war in einem Gebäude der Universität untergebracht – damals in Julius-Schreck-Kaserne umbenannt - heute wieder Juristische Fakultät der Universität (ul. Spokojna 1). Leiter der Aktion war SS- und Polizeiführer Odilo Globocnik, seine Dienststelle war in der nahen ul. Wieniawaski 6, seine Residenz in ul. Boczna Lubomelskiej.

Das Gestapo-Gefängnis in der Zitadelle war ein berüchtigter Ort der Repression. Zehntausende polnischer Männer und Frauen wurden hier eingekerkert, die meisten später in die KZ eingeliefert. Im August 1944 wurden kurz vor der Kapitulation 300 Gefangene erschossen (Näheres vgl. Lublin-Schloss).

Gedenkorte in Lublin
- Lublin-Ghetto
- Lublin-Zwangsarbeitslager
- Lublin-Schloss/Zitadelle
- Lublin-Gedenken

Wir empfehlen, Lublin in einer Gruppe aufzusuchen; Reiseveranstalter siehe unter Rubrik ‚Literatur‘ etc.

Literatur/Medien
Musial, Bogdan: Deutsche Zivilverwaltung und Judenverfolgung im Generalgouvernement. Eine Fallstudie zum Distrikt Lublin 1939-1941, Wiesbaden 1989
https://ome-lexikon.uni-oldenburg.de/orte/lublin