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Metz

Region Lothringen/Lorraine, Departement Moselle

 

Der Ort

Großstadt an der Mosel, 120400 Einwohner, im Großraum etwa 390000. Alte Festungs- und Grenzstadt, heute Hauptort der Region Lothringen/Lorraine und des Departements Moselle.

Bahnhof: Züge nach Frankfurt - Saarbrücken, Paris; Luxemburg – Straßburg; mit dem Auto ↔Saarbrücken (68 km, A 6/A 4), Paris ( 331 km, A 4), Luxemburg (99 km, A 31), Nancy (58 km, A 31), Straßburg (162 km, A 4). 

Centre Pompidou Kathedrale

Die Ereignisse

Annexion

Wie das gesamte Moselgebiet, Elsass und Luxemburg wurde Metz von Nazideutschland faktisch annektiert und zu einem westlichen Vorposten des „Großdeutschen Reichs“ ausgebaut: Sitz einer Wehrmachts- und SS-Garnison, des Höheren SS- und Polizeiführers Anton Dunckern, der Gestapo,  der Zivilverwaltung der „Westmark“ - deren Chef, NS-Gauleiter Josef Bürckel, meist in Neustadt/Weinstraße residierte. Ein deutscher Bürgermeister wurde eingesetzt, die Germanisierung und Nazifizierung mit großem Nachdruck durchgeführt (Verbot französisch zu sprechen, der Baskenmütze; Hitlerjugend, BDM, RAD-, Wehrpflicht; vgl. Departement Moselle, Einführung; viele in die Wehrmacht zwangsweise eingezogene ‚Malgré-nous‘ fielen in deutscher Uniform meist an der Ostfront oder starben im Lager Tambow). Bald gab es aber auch Gegenwind, s.u. Widerstand. 1940/1941 ließ Gauleiter Bürckel etwa 10000 ‚Unerwünschte‘ (‚Frankophile‘, Sozialisten, Gewerkschafter) vom Güterbahnhof aus ins unbesetzte (Süd-)Frankreich ausweisen, stellte diese „ethnische Säuberung“ aber als eine großzügige „Heimführung nach Frankreich“ dar. 

ehem. Gestapo-Hauptquartier Gedenktafel Ausweisungen Malgré-nous Denkmal

Viele jüdische Menschen waren nach dem deutschen Überfall im Mai/Juni 1940 nach (Süd-)Frankreich geflüchtet (vgl. Exode); die verbliebenen wurden im Herbst nach Südfrankreich ausgewiesen und dort interniert, z.B. im Lager Gurs. Ein Teil von ihnen konnte in Dörfern überleben, geschützt von Familien oder Hilfsorganisationen wie OSE. Viele von ihnen aber wurden ab 1942 über das Lager Drancy bei Paris in die Todeslager deportiert. Etwa 1500 Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft sind durch die NS-Deutschen in den Todeslagern umgebracht worden. Allein auf der Gedenktafel in der Synagoge stehen 393 Namen. 

Denkmal, israelitischer Friedhof Große Synagoge Toten-Gedenktafel in Synagoge

Widerstand

Am 15. August 1940 (Mariä Himmelfahrt) versammelten sich trotz Verbot tausende auf dem Place Saint-Jacques um die mit der Trikolore geschmückte Marienstatue; Schwester Hélène rief auf, die Hoffnung nicht aufzugeben. Die Deutschen wiesen als Sanktion Bischof Heintz aus.

Vom August 1940 an gab es Fluchthilfe für entflohene frz. und alliierte Kriegsgefangene, später auch für Verweigerer von Reichsarbeits- und Wehrdienst: z.B. die Gruppe 'Espoir' und das  Netzwerk, das Schwester Hélène in der Klinik Saint-Nicolas betrieb, wo die Flüchtenden mit Zivilkleidung und Papieren versorgt und dann weiter geleitet wurden. Schwester Hélène musste 1942 nach Südfrankreich gehen; die Oberin Urbain wurde 1943 verhaftet und ins KZ Ravensbrück deportiert.  Im August 1942 protestierten hunderte Lothringer/innen auf dem Platz vor der Präfektur gegen die Zwangsrekrutierungen und für Frankreich; viele von ihnen wurden mit ihren Familien nach Deutschland deportiert.

Ab Ende 1941  bauten Jean Burger, der eine illegale Unterkunft in Metz hatte, Charles Hoeffel aus Montigny-lès-Metz u.a. vor allem bei den Arbeitern der Eisenbahn, der Bergwerke und Stahlbetriebe die  Widerstandsgruppe 'Groupe Mario' auf; sie hatte 2000 – 3000  Mitglieder, half frz. und sowjetischen Kriegsgefangenen, verteilte Informationen und Flugblätter gegen die Annexion und für die Zugehörigkeit zu Frankreich, verübte einige Sabotagen in der deutschen Rüstungswirtschaft. 1943/44 wurden Hunderte verhaftet und deportiert (vgl. auch Fort de Queuleu). Die gaullistische 'Groupe Derhan' rekrutierte im gleichen Milieu, sie wurde 1943 enttarnt, ihr Chef starb im Fort de Queuleu an den Folgen der Misshandlungen.

Mariensäule, Place Saint-Jacques Gedenktafeln in Bahnhofshalle profranzösische Demonstration 1942

Repression

Die Metzer Gefängnisse  Barrès und En Chandellerue waren bald überbelegt. Anfang 1943 wurde ein Teil des Priesterseminars Grand Séminaire in ein Polizeigefängnis umgewandelt. Wegen des zunehmenden Widerstands und der Kriegswende (Stalingrad, Landung in Nordafrika) wurden ab Mitte 1943 weitere Haftorte für als gefährlich eingestufte Résistants u.a. der 'Groupe Mario' eingerichtet: u.a. die Keller im Gestapo-Gebäude, das Petit Séminaire in Montigny-lès-Metz, das Lager Woippy/Wappingen und das SS-Sonderlager Feste Goeben im Fort de Queuleu. Besonders letztere waren Orte von Misshandlungen und Folter und wurden zunehmend zum Vorhof der KZ. Insgesamt waren etwa 3500 Menschen zeitweise interniert.

Gedenktafel Grand-Séminaire Gedenktafel Frauengefängnis Fort de Queuleu

Befreiung

Der Vormarsch der Alliierten war von Bomben auf Bahnhöfe, Kasernen, Rüstungsbetriebe etc. begleitet, die auch viele Opfer unter den Zivilisten forderten. Anfang September 1944 schien es so, als würden die Deutschen Metz räumen. Doch sie kamen mit Verstärkungen zurück. Die Befreiungskämpfe dauerten bis Ende November, auch FFI-Kämpfer waren daran beteiligt. Die US-Truppen rückten am 22. November 1944 ein.

 

Gedenken

Ein Symbol der Annexion und Repression ist das ehem. Gestapo-Gebäude, 14 Avenue Leclerc de Hautecloque. An die massenhaften Ausweisungen erinnert ein Tafel in der Bahnhofs-Passage de l'Amphithéâtre: „Um jede Spur französischer Kultur zu löschen, wurden 1940-1941 nicht weit von hier im ehem. Güterbahnhof 'Metz-Marchandise' zehntausende frankophile Moselaner/innen von den deutschen Behörden brutal zusammengetrieben und dann ins nicht besetzte Frankreich ausgewiesen“. Am Eingang zum Ostfriedhof (Rue du Cimetière) ist eine Stele dem „Andenken an die Malgré-nous gewidmet, Opfer der Zwangsrekrutierung in die deutsche Wehrmacht“.

Auf dem israelitischen Friedhof in Metz-Chambière (Rue des 2 Cimetières/Avenue de Blida, vor dem Nationalfriedhof) steht eine Stele zum Gedenken „an unsere1500 Deportierten“ , die in den KZ ums Leben gekommen sind. In der Synagoge (Rue du Rabbin Elie Bloch) gedenkt eine Tafel der „363 Märtyrer der israelitischen Gemeinde während des Kriegs 1939-1945, Opfer des Nazismus“ und der in den Reihen der Résistance und als Soldaten Gefallenen.

In der Bahnhofshalle erinnert eine Tafel an den Résistanceführer Jean Moulin, der nach Verhaftung und schwerer Folter auf dem Transport nach Deutschland  vermutlich am 8.7.1943 im Bahnhof Metz gestorben ist; eine weitere ehrt die Opfer unter den Patrioten, die gegen die Annexion gekämpft haben; eine Tafel am Platz der Präfektur an die profranzösische Demonstration von hunderten Moselaner/innen im August 1942 und ihre anschließende Deportation. Um die Säule auf dem Place Saint-Jacques finden u.a. Gedenkzeremonien an Widerstand und Deportation statt.

Die Repression wird thematisiert auf den Gedenktafeln an das Gefängnis 'Grand Séminaire': „Von 1940 bis 1944 wurden an diesem Ort Patrioten aus Lothringen eingesperrt, verhört, und haben gelitten. Manche wurden sogar deportiert. Vergessen wir sie nicht“ und am ehem. Frauengefängnis (heute Gefängnis mit offenem Vollzug) En Chandellerue: „Hier waren zwischen 1940 und 1944 68 Frauen gefangen, weil sie der Nazi-Besatzung und -Ideologie widerstanden haben. Erinnern wir uns.“ Im weitläufigen Fort de Queuleu war in der Kasematte A das berüchtigte „SS-Sonderlager Feste Goeben“ untergebracht (vgl. näher Fort de Queleu). 

Befreiungsdenkmal, Place d'Armes Kreuz für neun getötete Résistants, Ost-Friedhof

Auf dem Place d'Armes, gegenüber dem Rathaus, steht das Denkmal an die Befreiung von Metz durch US-Truppen am 22. November 1944. Am Eingang zum Ostfriedhof (Rue du Cimetiére) ehrt ein großes Kreuz FFI-Kämpfer, die bei den Befreiungskämpfen zu Tode gekommen sind. Eine Stele gedenkt der „Malgré-Nous, Opfer der Zwangsrekutierung“ in der deutschen Wehrmacht.

 

Literatur/Medien

ONAC, Moselle: Les lieux de détention en Moselle annexée et dans le Gau Westmark 1940 – 1945, Metz 2007
http://tout-metz.com/histoire-metz/guerres-mondiales
http://promenade.temporelle.free.fr/dotclear/index.php/tag/La%20r%C3%A9sistance
http://fr.wikipedia.org/wiki/Metz