Region Kreta / Regionalbezirk Iraklio

Gedenkstätte in SokarasDer Ort
Sokaras ist eine kleine Ortschaft mit ca. 600 Einwohner/innen in der Messara-Ebene im Süden der Insel Kreta.
Von Iraklio aus ist der Ort (am schnellsten) über die Schnellstraße 97 Richtung Agia Varvana zu erreichen, von der im weiteren Verlauf der Straße bei Agioi Deka in Richtung Viannos abgebogen wird (64 km).

Das Ereignis
27 Männer wurden am 17. August 1944 in Sokaras unter der Leitung von Major Ernst von Cochenhausen, Kommandeur der in Pyrgos stationierten Panzeraufklärungsabteilung 122 (22. Infanteriedivision), exekutiert.
Eine Gruppe der ebenfalls anwesenden Geheimen Feldpolizei hatte auf Basis von Denunziationen Material dafür zusammengetragen, dass es sich bei Sokaras um einen „Schlupfwinkel der Kommunisten“ handele. Die Dorfbewohner wurden in der Schule zusammengetrieben und ihre Personalien erfasst. 27 Männer wurden anhand der mitgeführten Liste ausgewählt, in ein anderes Gebäude gebracht, dort verhört, gefoltert und unter dem Kommando von Major Ernst von Cochenhausen an einer anderen Stelle erschossen. Die übrige Bevölkerung wurde ins nahe Asimi, die etwa 100 Männer von dort weiter nach Iraklio gebracht. Sie wurden später freigelassen. Das Dorf wurde vollständig geplündert und die Häuser anschließend schwer beschädigt. In der Abendmeldung des 18. August 1944 wird der Erfolg übermittelt: „In 0-Massara-Ebene (S-Iraklion) 28 Banditen erschossen, 1 Bandenortschaft zerstört.“ (zit. nach Gilbert, S. 187).

Nach 1945
Auf Antrag griechischer Behörden vom April 1956 an die Oberstaatsanwaltschaft beim Landgericht Bonn wurde im Januar 1960 bei der Staatsanwaltschaft Kassel eine Voruntersuchung gegen Ernst von Cochenhausen eingeleitet (Az 3a Js 12/59). Cochenhausen, der sich bei seiner ersten Vernehmung weder an durchgeführte „Vergeltungsmaßnahmen“, noch an den Ort Sokaras erinnern konnte, erklärte bei weiteren Vernehmungen ein Jahr später, er hätte auf von der Division übermittelten Befehl des Festungskommandanten General Müller gehandelt: Müller hatte kurz vorher „Alarmstufe I“ in Kraft gesetzt und Mitte August 1944 die Anordnung zur Durchführung erneuter Vergeltungsmaßnahmen gegeben: „Zurückhaltung (...) gegenüber nichtschuldigen Männern, Frauen und Kindern“ sollte laut seinem Befehl nicht geübt werden, Dörfer mit „besonders feindseliger Bevölkerung“ nach ihrer Evakuierung vollständig zerstört und Ortschaften, in deren Nähe Wehrmachtsangehörige überfallen wurden, ohne Vorwarnung beschossen werden. Durch „scharfes Zupacken“ seitens der Divisionen sollte der griechischen Bevölkerung der Wille der Okkupanten „aufgezwungen“ und gleichzeitig bewiesen werden, dass die Wehrmacht in der Lage sei, ihre Macht auf ganz Kreta durchzusetzen.
Das Gericht folgte - trotz der widersprüchlichen Aussagen Cochenhausens und denen zuwiderlaufenden Aussagen weiterer Zeugen - diesem Argumentationsstrang und stellte die Voruntersuchung gegen von Cochenhausen im Mai 1961 ein: Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er auf Befehl des Festungskommandanten gehandelt habe, er davon ausgehen konnte, dass es sich bei den festgesetzten Menschen um Partisanen handele, womit die Bestimmungen des § 47 des Militärstrafgesetzbuches relevant seien. Um sich strafbar zu machen, müsse ein Soldat, der einen Befehl ausführe, erkennen, dass dieser verbrecherisch sei. Außerdem hätten die deutschen Offiziere - anders als die amerikanischen und britischen - kein Handbuch gehabt, das sie über die Regeln des Kriegsrechts informierte.

Gedenken
In der Ortsmitte von Sokaras befindet sich die Gedenkstätte; auf einer der 3 Stelen sind die Namen der Männer aufgeführt, die am 17. August 1944 ermordet wurden.

Literatur / Medien:
Eichmüller, Andreas: Keine Generalamnestie - die strafrechtliche Verfolgung von NS-Verbrechen in der frühen Bundesrepublik, München 2012, S. 327f.; Gilbert, Harald: Das besetzte Kreta 1941-1945, Ruhpolding 2014; Kadelbach, Ulrich: Schatten ohne Mann, Mähringen 2002, S. 54-69