Der aus dem Russischen stammende Begriff bezeichnete ursprünglich generell gewaltsame Ausschreitungen, die sich gegen religiöse oder ethnische Minderheiten richteten. Seit Ende des 19. Jahrhunderts werden damit vor allem Ausschreitungen bis hin zu Mord und Brandstiftung gegenüber jüdischen Minderheiten bezeichnet.

Die sog. „Reichskristallnacht“ am 9./10. November 1938 in Deutschland und Österreich war ein von der Nazi-Partei inszenierter Pogrom, in dessen Verlauf über 1.000 Synagogen zerstört, ungezählte Geschäfte und Wohnungen jüdischer Besitzer verwüstet und mehrere tausend jüdische Männer in Konzentrationslager verschleppt wurden.

Im Zusammenhang mit der Übergabe des bis 1939 von Polen annektierten Südlitauen und der Stadt Vilnius an Litauen im Oktober 1939 kam es nach dem Einzug des litauischen Militärs zu einem von Polen initiierten, mehrtägigen Pogrom u.a. in Vilnius, in dessen Verlauf ein Jude getötet und zahlreiche jüdische Geschäfte verwüstet wurden (Litauische Geschichte).

Von deutscher Seite unterstützte Pogrome wurden Bestandteil der Besatzungspolitik in den überfallenen Ländern Osteuropas. Der Überfall auf die Sowjetunion (Juni 1941) war in Litauen ein Signal für Pogrome an unzähligen Orten im ganzen Land, zu denen litauisch-nationalistische Formationen zunächst indirekt, dann von deutscher Wehrmacht und SS offen aufgefordert und unterstützt wurden, bevor die Besatzer selbst das Kommando übernahmen. Vor Ankunft der Deutschen kam es in über vierzig litauischen Orten zu solchen mit Gewalt und jüdischen Opfern verbundenen Pogromen.

Die Duldung der antisemitischen Gewalt wirkte in Litauen wie ein Zündfunke, der schon in den ersten Besatzungstagen auf örtliche, meist paramilitärisch organisierte „Aufständische“ übersprang, die im Untergrund vorbereitet worden waren (Kollaboration). So kam es zu vielen, nur scheinbar autonom eingeleiteten Verfolgungsmaßnahmen vor Ort, noch bevor deutsche Truppen und Beatzungsverwaltung in ganz Litauen präsent waren. Vielerorts wurde die jüdische Bevölkerung in Synagogen getrieben, wurden Wohnungen und Geschäfte zerstört und ausgeraubt, Kontributionen erpresst, Synagogen angezündet, erste Mordtaten begangen. Die Verfolgungen entwickelten sich in einigen Städten zu wahren Hetzjagden und Massakern, manchmal betrieben von einem aufgehetzten, anonymen Straßenmob, meist jedoch angeführt und getragen von antisemitischen Nationalisten. Wenige Wochen später mündeten die örtlichen Pogrome in die systematische Vernichtung der Juden in ganz Litauen, die von den SS-Kommandos und der deutschen Zivilverwaltung in Zusammenarbeit mit litauischen Hilfstruppen planvoll betrieben wurde (vgl. Alytus, Butrimonys, Kaunas, Vilnius).


Literatur / Medien
Christoph Dieckmann 2011, Bd. 1, S. 141f., 300f., 381ff.; Wette, Wolfram: Karl Jäger. Mörder der litauischen Juden, Frankfurt/M. 2011, S. 70ff.
https://de.wikipedia.org/wiki/Pogrom#Geschichtliche_Beispiel
http://www.doew.at/der-novemberpogrom-reichskristallnacht