Partisaninnen am Lago di Montefiorino (Foto: Istituto storico di Modena)Wie konnte es geschehen, dass man dieses Heer nach dem Krieg vergaß?“ (Rossana Rossanda)

In der öffentlichen Wahrnehmung herrschte lange Zeit die Meinung vor, Frauen wären am aktiven Widerstand nicht oder kaum beteiligt gewesen, denn dieser wurde fast ausschließlich als bewaffneter Kampf definiert und hier dominierten eindeutig die Männer. Kaum berücksichtigt wurde dabei, dass die gesamte Versorgung und Vernetzung der Kämpfenden überwiegend in der Verantwortung der Frauen lag. Ohne diese große Zahl von Helferinnen wäre der bewaffnete Kampf nicht möglich gewesen. Erst in der Frauenforschung erhielt der Widerstand der Frauen eine eigenständige Bedeutung und ein neues Gewicht. Die italienische Historikerin Anna Bravo hat den Widerstandsbegriff neu definiert. Sie fasst die unterschiedlichen Aktionsformen der Frauen unter dem Begriff der „resistenza civile“ zusammen, der zwar den bewaffneten Kampf einbezog, doch die vielen Facetten des unbewaffneten Widerstands aufzeigt.

Die Frauen, die sich dem Widerstand anschlossen, kamen aus allen Schichten der Bevölkerung, gehörten den unterschiedlichsten Berufen an oder waren Hausfrauen. Die Mehrheit der Aktivistinnen stand dem kommunistischen Widerstand (GAP) nahe. Sie hatten sich bereits vor dem Krieg gegen die frauenfeindliche Politik des Faschismus aufgelehnt und gingen nach der deutschen Besatzung im Herbst 1943 konsequent in den Widerstand.

Das erste Verdienst der Frauen unmittelbar nach dem Waffenstillstandsabkommen am 8. September 1943 ging in die italienische Geschichte als die „große Verkleidungsaktion“ ein. Zu Tausenden flüchteten die kriegsmüden und orientierungslosen Soldaten in ihre Heimatorte unter der ständigen Gefahr, von deutschen Truppen gefangen genommen und zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt zu werden. Sie wurden von Frauen mit Zivilkleidung, Nahrung und Informationen versorgt, entgingen so der Deportation und konnten sich den Partisanengruppen anschließen.
Waren Aktionen wie diese noch spontan und unorganisiert, kam es bis Ende November zu einem nationalen Zusammenschluss aktiver Frauen in den „Frauengruppen zur nationalen Verteidungung“– „gruppi di difesi della donna“ (Gdd). Das Ziel war, möglichst viele Frauen für den Widerstand gegen die Deutschen und die Faschisten zu gewinnen und an möglichst zahlreichen Orten Frauenverteidigungsgruppen zu gründen. Zu ihren wichtigsten Aufgaben zählten die Übermittlung von Nachrichten und Informationen, der Transport von Waffen und die Geldbeschaffung für die Partisanen, aber auch die Versorgung mit Lebensmitteln, Kleidung und Unterkunft. Die Frauen sabotierten die Kriegsproduktion, streikten in den Fabriken, druckten und verteilten Flugblätter und Propagandamaterial. Sie unterstützten Verfolgte, Deserteure und geflohene Kriegsgefangene. Bei all diesen Aktionen riskierten sie Verhaftung, Folter und Leben. Die Frauenverteidigungsgruppen waren das wichtigste Verbindungsglied zwischen dem „Nationalen Befreiungskomitee (CLN)“ , der städtischen Guerilla (GAP) und den lokalen Partisanenorganisationen. Die Aufrechterhaltung dieser Verbindungen übernahmen die Staffetten.

Partisanin (Bild aus dem Museum San Terenzo Monti)Unter permanenter Lebensgefahr hielten sie die vor allem die Kontakte zu und zwischen den einzelnen Widerstandsgruppen. Mit in den Bergen lebten diese Frauen selten (z.B. in der 41. Brigade Garibaldi „Carlo Carli“ im Turiner Bergland). Aus Furcht, die Partisanen können aus moralischen Gründen in Verruf geraten und in der Bevölkerung als sexuell leichtfertig abgestempelt werden, sollten Frauen und Männer weitgehend getrennt leben. In den meisten Partisanen-Republiken hatten die Frauen kein Wahlrecht. Häufig gehörten jedoch auch Frauen den in den Städten kämpfenden Widerstandsgruppen an, beispielsweise in Bologna.

Laut den offiziellen Zahlen waren 70.000 Italienerinnen in den Frauenverteidigungsgruppen organisiert. 35.000 (von ca. 232.850 Kämpfenden insgesamt) kämpften als Partisaninnen, 4.600 wurden gefangen genommen, gefoltert und verurteilt, 2.750 nach Deutschland deportiert und viele starben in Lagern, 2.582 sind erschossen worden oder im Kampf gefallen. In offiziellen Funktionen, als Kommissarinnen und Kommandantinnen, waren 512 Frauen eingesetzt (Nadja Bennewitz in: www.frauen.resistenza.de/frau.htm)

Während nach dem Krieg zahlreiche Männer aus dem Widerstand Karriere machten, zog sich die große Mehrheit der Frauen wieder ins private Leben zurück. Zwar war ihre Beteiligung auch die Grundlage für die spätere Emanzipationsbewegung in Italien, doch ihre Rolle im Kampf um die Befreiung musste erst spät wieder entdeckt werden.

Imponierende Gedenkstätten für den Frauenwiderstand gibt es in zahlreichen Orten, u.a. in Bologna (Villa Spada), in Carrara, in Nonantola, in Venedig und in Castelnuovo Monti. In der Scuola di Pace in Boves gibt es eine Ausstellung der Bilder von Adriana Filippi, einer Malerin aus Turin, die den Alltag der Partisanen festgehalten hatte.

Literatur / Medien:
Bravo, Anna/ Bruzzone, Anna Maria: In guerra senza armi. Storie di donne. 1940–1945, Roma-Bari 1995; De Grazia Vicoria: Die italienischen Frauen unter Mussolini, in: Geschichte der Frauen, Bd. 5, hrsg. v. Françoise Thèbaud, Frankfurt a.M. 1995, S. 141–172;
Dickmann, Elisabeth / Schöck-Quinsteros, Eva (Hg.): Frauen Geschichte. Studien und Berichte zur Historischen Frauenforschung an der Universität Bremen, Heft 2: Italien, Bremen 1996; Friedrich Andrae: Auch gegen Frauen und Kinder. Der Krieg der deutschen Wehrmacht gegen die Zivilbevölkerung in Italien 1943–1945, München/Zürich 1995; Nadja Benewitz, in: Tagungsbericht Starke Frauen: Italienerinnen im Widerstand gegen deutsche Besatzung und Faschismus. 04.06.2006-09.06.2006, Reggio Emilia – Parma – Marzabotto – Venedig, in: H-Soz-u-Kult, 08.02.2007, hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=1479; Weber, Jürgen (Hg.): PartisanInnen im Piemont. Über den antifaschistischen Widerstand in Nordwestitalien, Konstanz 1996; www.universitadelledonne.it/anpiL.htm (auch hier gibt es das Foto "Partisaninnen am Lago Montefiorino" und weitere Fotos von Frauen im Widerstand)

Weiterführende Informationen zum Frauenwiderstand unter folgenden Links:

it.wikipedia.org/wiki/Storia_delle_donne_nella_Resistenza_italiana
www.frauen.resistenza.de/frau.htm
resistenzatoscana.org (Biographien)
www.anpi.it/gruppi-di-difesa-della-donna/
www.anpi.it/donne-e-uomini
www.nwww.enciclopediadelledonne.it/index.php?azione=listaadir.org