Drehscheibe für Verfolgte und Flüchtlinge
Seit 1933 kamen tausende von Flüchtlingen (Gegner der faschistischen Regime in Deutschland und Italien, Juden) aus Deutschland, Italien, Österreich, Polen, Tschechien sowie Holland, Belgien usw. nach Marseille. Die Hafenstadt war erster Anlaufpunkt, Zuflucht und Durchgangsstation auf dem von vielen erhofften Weg nach Übersee. Die Bedingungen verschlechterten sich insbesondere nach der deutschen Invasion in Frankreich und unter Vichy, das Ausländer und Juden stärker kontrollierte, teilweise internierte. In Marseille wurden sie in mehreren Gebäuden zwangsweise untergebracht, u.a. dem Hotel Bompard, 2, rue des Flots Bleus. Hilfs- und Fluchthilfeorganisationen versuchten, ihre prekäre Situation zu verbessern und/oder ihnen zu sicherer Unterkunft, zur Ausreise bzw. Flucht über das Mittelmeer oder die Pyrenäen zu verhelfen (z.B. OSE, Varian Fry, Lisa Fittko). Der mexikanische Generalkonsul Gilberto Bosques stellte zehntausenden Juden, Antifaschisten, spanischen Republikanern und Interbrigadisten Visa aus – z.T. ohne offizielle Genehmigung – und ermöglichte einem Teil von ihnen die Flucht nach Mexiko, u.a. Anna Seghers und Egon Erwin Kisch.
Zu Gedenkorten mit dem Schwerpunkt Flucht und Exil führen Spaziergänge, die in einem eBook beschrieben und bebildert sind: eBook „Exil-Parcours – In 10 Etappen auf den Spuren des Exils in Marseille“ (französisch und deutsch; Hg. Sabine Günther), Marseille 2013: http://www.exilplan.com/exilplan/EXILPARCOURS_ebook.html.
Widerstand
Widerstandsgruppen wie Combat waren seit 1941 mit ihren illegalen Zeitungen präsent. Henri Frenay rekrutierte ab Dezember 1940 unter Armeeangehörigen für seine Bewegung; die Sozialistische und die Kommunistische Partei wurden wieder aktiv. Spontane Protestaktionen fanden z.B. am 14. Juli 1942 statt, ebenso große Hausfrauendemonstrationen wegen des Nahrungsmangels. Mit der deutschen Besatzung ab November 1942 begannen bewaffnete Aktionen (Sabotage, Attentate). Viele Résistance-Führer wurden 1942/43 von der Gestapo verhaftet; einer ihrer Folterkeller war in der Rue Paradis Nr. 425.
Nach einem Lohnstreik im März 1944 erfasste der sog. „Brotstreik“ („500 Gramm Brot jeden Tag“) im Mai die größten Industriebranchen und mobilisierte mehrere 10.000 Frauen in Demonstrationen. Die Bewegung wurde nach dem verheerenden US-Bombardement am 27. Mai 1944 (fast 2.000 Tote) abgebrochen. Nach der Landung in der Normandie strömten zahllose Männer in die Maquis – FTP, KPF und Gewerkschaft riefen zum Verbleib in der Stadt auf – auch mit Blick auf den vorzubereitenden Volksaufstand. Nach der Landung in der Provence war die Résistance trotz schwerer Verluste aktiv an der Befreiung beteiligt.