Elena Kutorgienė-Buivydaitė 1931 (YV)

Elena Kutorgienė-Buivydaitė, geboren am 01. Januar 1888 in Šiauliai, arbeitete als Augenärztin in Kaunas. Vor dem deutschen Einmarsch war sie auch für ein jüdisches Kinderhilfswerk aktiv, das vor allem arme jüdische Familien betreute. Danach hielt sie die Kontakte zu ihren jüdischen Kollegen aufrecht. Bereits in den in den ersten Tagen der deutschen Besatzung (Juni 1941) kam sie trotz Verbot verfolgten Juden und sowjetischen Kriegsgefangenen zur Hilfe. Sie besorgte für Ghetto-Häftlinge Lebensmittel, unterstützte Mitglieder der Widerstandsorganisation, indem die Waffen organisierte, falsche Papiere und Verstecke besorgte. In ihrer Praxis und Wohnung beherbergte sie oftmals eine größere Zahl von Juden, sogar in den Tagen der "Großen Aktion" (28. Oktober 1941), als in ihrer Wohnung ein deutscher Offizier einquartiert war. Elena Kutorgienė gehörte zu einem ungefähr 200 Personen umfassenden Netz im Untergrund, das Verbindung zu den Partisanengruppen in der Umgebung hielt. Ihr ist es zu verdanken, dass Teile des Tagebuchs von Chaim Yelin, des Anführers des Widerstands im Ghetto, gerettet worden sind. Sie selbst führte auch ein Tagebuch, das die Verfolgungen und Verbrechern in Kaunas dokumentiert. Am 26. Juni 1941 notierte sie als Beobachterin: Junge bewaffnete Litauer drangen in die benachbarte Wohnung einer jüdischen Familie ein, Schüsse fielen, die Mörder hatten ein Elternpaar und ihre beiden Kinder umgebracht: "Überall, überall Gewalttaten! Verwilderung, Schauder, Grausamkeit ... man kann ruhig unschuldige Frauen und Kinder töten, nur weil sie Juden sind... Den ganzen Tag schlendern Leute, mit nationalen Bändern geschmückt, wie Sieger in den Straßen umher, brechen in Wohnungen ein, am hellichten Tag plündern sie und schaffen mit jüdischem Hab und Gut beladene Wagen weg ... Was für eine Seuche, was für eine grausame Willkür" (zitiert nach Atamuk).

Für Helene Holzman, deren Tochter mit dem Sohn vom Elena Kutorgienė befreundet war, gehörte diese außergewöhnliche Frau zu jenen "Unerschrockenen", die sich auch durch Androhung von Todesstrafe nicht davon abhalten ließen, den "Unglücklichen" zu helfen: "Reine Menschlichkeit war jede ihrer Taten und jedes ihrer Worte" (Holzman).

Nach dem Krieg gehörte Elena Kutorgienė einer Kommission an, die die Verbrechen während der deutschen Besatzung ermittelte. Sie starb am 13. Februar 1963 in Kaunas und wurde 1982 posthum von Yad Vashem als "Gerechte unter den Völkern“ geehrt.

 

Literatur / Medien
Atamuk, Solomon: Juden in Litauen. Ein geschichtlicher Überblick vom 14. bis 20. Jahrhundert, hrsg. von Erhard Roy Wiehn, Konstanz 2000, (Zitat S. 159); Dieckmann (2011), S. 938, S. 1372f., 1434; Grossmann / Ehrenburg: Das Schwarzbuch, 1994: Aus dem Tagebuch von Dr. Elena Kutorgienė-Buivydaitė (Juni bis Dezember 1941), S. 619 - 672; [Holzman, Helene] "Dies Kind soll leben". Die Aufzeichnungen der Helene Holzman 1941–1944, hrsg. von Reinhard Kaiser u. Margarete Holzman, Frankfurt/M. 2000 (Zitat S. 93)
https://www.holocaustcenter.org/page.aspx?pid=514
http://die-quellen-sprechen.de/07-210.html (Video: Lesung aus dem Tagebuch Elena Kutorgienė-Buivydaitės vom Spätherbst 1941)
http://db.yadvashem.org/righteous/family.html?language=en&itemId=4043723 (Foto)