Helene Holzman o.J. (Archiv R. Kaiser)

Helene Holzman wurde am 30. August 1891 als Tochter des Jenaer Physikers Siegfried Czapski geboren, besuchte in Jena die Mal- und Zeichenschule und arbeitete in den 1930er Jahren als Lehrerin, Malerin und Buchhändlerin in Kaunas. In Berlin lernte sie den aus Obronik (Provinz Posen) stammenden Max Holzman kennen, als beide eine Zeitlang bei Max Beckmann studierten. Nach ihrer Heirat gingen sie zusammen nach Kaunas, wo Max Holzman eine Buchhandlung gründete. Beide hatten zwei Töchter: Marie und Margarete.
Nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht im Juni 1941 war sie als Deutsche mit litauischem Pass und als „Halbjüdin“ von Verfolgung und Vernichtung bedroht. Ihr Mann fiel den sofort einsetzenden Pogromen in Kaunas zum Opfern, ihre neunzehnjährige Tochter Marie wurde wenig später als „jüdische Kommunistin und Pazifistin“ erschossen. In den folgenden Jahren kämpfte sie um das Überleben ihrer Tochter Margarete und kümmerte sich aufopferungsvoll um die jüdischen Ghetto-Gefangenen. Sie riskierte ihr Leben für die vergebliche Rettung des jüdischen Komponisten Edwin Geist und seiner Frau Lyda. Mit einer Gruppe befreundeter Frauen gelang es Helene Holzman, viele gefährdete Kinder aus dem Ghetto zu retten. 1943 nahm sie die damals 10-jährige Fruma Vitkin (verheiratete Kučinskienė) auf, die später von ihr adoptiert wurde, da Frumas Familie bei der Liquidierung des Ghettos im September 1943 getötet worden war. Auch Gerta und Juliane Zarchi fanden bei ihr Hilfe und Unterstützung. In ihren Aufzeichnungen über die Jahre 1941 bis 1944, die sie unmittelbar nach dem Abzug der Deutschen begonnen hatte und die im Jahr 2000 posthum unter dem Titel 

Helene u. Margarete Holzman mit Fruma Vitkin Ende 1950 (Yad Vashem)

"Dies Kind Soll Leben" erschienen sind, berichtet sie mit akribischer Genauigkeit über die Ereignisse vom Einmarsch der Wehrmacht, die beginnenden Mordaktionen der Einsatzgruppen, die Straßenjagd litauischer Kollaborateure und die Massenerschießungen in den die Stadt umgebenden Forts, aber auch die Angst und Sorge um das Leben ihrer bedrohten jüngeren Tochter Margarete und das der anderen Kinder. 1965 übersiedelte Helene Holzman mit Margarete nach Deutschland und lebte bis zu ihrem Tod nach einem Autounfall am 28. August 1968 in Gießen. 2005 wurde sie von Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt.

Literatur / Medien
Die Aufzeichnungen der Helene Holzman 1941–1944 und die Stimmen der Überlebenden, Zwei CDs, 2000; [Holzman, Helene] "Dies Kind soll leben". Die Aufzeichnungen der Helene Holzman 1941–1944, hrsg. von Reinhard Kaiser u. Margarete Holzman, Frankfurt/M. 2000; Kaiser, Reinhard: Unerhörte Rettung. Die Suche nach Edwin Geist, Frankfurt/M. 2004; Wette, Wolfram: Karl Jäger. Mörder der litauischen Juden, Frankfurt/M. 2011, S. 84ff.

https://de.wikipedia.org/wiki/Helene_Holzman
http://www.dw.com/de/eine-geschichte-vom-tod-und-vom-%C3%BCberleben/a-16220638
http://db.yadvashem.org/righteous/family.html?language=en&itemId=4015296 (Foto)
Werke der Künstlerin Helene Holzman: http://www.uliweissberger.de/Sachtexte/Holzman-bilder.htm

Leseprobe:
http://www.reinhardkaiser.com/LesesaalNeu/VersammelteWerke/hholzmanprobe.htm (Foto)

Foto: Archiv Reinhard Kaiser
Foto: Yad Vashem, Digital Collections, Righteous Database, Item ID 4015296