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Zamość - Germanisierung

Vertreibung polnischer Bauern 1942; Foto: de.wikipedia


Woiwodschaft Lublin/Wojew. Lubelski

„Erster deutscher Siedlungsbereich“ im Generalgouvernement

Heinrich Himmler erklärte am 12. November 1942, dass die Region um Zamość „erster deutscher Siedlungsbereich“ im Generalgouvernement werden und bis Mitte 1943 „deutsch besiedelt“ sein solle – nach der „Umsiedlung“=Vertreibung der ansässigen polnischen Bevölkerung – also eine „ethnische Säuberung“ im Vorgriff auf den „Generalplan Ost“ Mit der Durchführung beauftragte er Odilo Globocnik, oberster SS-Führer im Bezirk Lublin, Umsiedlungsbeauftragter, der auch die Ermordung der jüdischen Bevölkerung leitete (vgl. Aktion Reinhardt).

Nach der Ermordung der Juden in den Ghettos und Vernichtungslagern begann die SS damit, die polnische Bevölkerung aus ihren Dörfern zu vertreiben („umzusiedeln“), um Platz für die „Ansiedlung“ volksdeutscher Siedler zu schaffen. Ab 27./28. November 1942 umstellten und evakuierten deutsche Einheiten aus SS, SD, Ordnungspolizei, Wehrmacht und Luftwaffe rund 300 Dörfer. Sie trieben die Bevölkerung in den Dörfern der Kreise Bilgoraj, Hrubieszów, Tomaszow Lubelski und Zamość auf den Dorfplätzen zusammen und transportierten sie zunächst in Durchgangslager. Etwa 113000 Menschen wurden von ihren Höfen und Häusern vertrieben, sie konnten nur Handgepäck und 20 Zloty mitnehmen.

Kinder im Lager Zwierzyniec; Foto: erinnerungsorte.org Durchganglager; Foto: Stadt Zamosc

Sie kamen zunächst in „Durchgangslager“. In Zamość wurden in dem Lager an der al. Piłsudskiego laut Nachkriegsschätzung mehrere 10.000, nach deutschen Unterlagen 31.500 Personen untersucht und nach den rassistischen Kriterien der „Deutschen Volksliste“ ‚klassifiziert‘. Im Lager Zwierzyniec (30 km südwestlich von Zamość) wurden 20.000 bis 24.000 Männer, Frauen und Kinder untergebracht. Die Leitung hatte die ‚Umwandererzentralstelle Litzmannstadt‘/Łódź (Leiter Hermann Krumey), die eine Zweigstelle in Zamość hatte. Ein kleiner Teil der Kinder und Erwachsenen konnte im Land bleiben, darunter etwa 520 Kinder aus dem Lager Zwierzyniec, die in polnischen Familien unterkommen und gerettet werden konnten. Die Mehrzahl aber wurde in die KZ Auschwitz und Majdanek oder zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt. Auf dem Gedenkstein des Mahnmals in Zamość steht:
Im ehemaligen Konzentrationslager für die „umgesiedelten“ Bewohner der Zamość -Region waren von 27. November 1942 bis 19. Juni 1943 über siebzigtausend Menschen gefangen. Mehrere Tausend, meist Kinder, starben an Hunger, Kälte oder Krankheiten. Im Gedenken an die Opfer. Zamość 2012.“

Denkmal „Kinder von Zamość“ Gedenkstein „Kinder von Zamość“

„Die Kinder von Zamość“

Etwa 30.000 Kinder waren unter den Opfern der deutschen Überfälle. Viele wurden von ihren Eltern getrennt; ein Teil von ihnen wurde in Lager für Kinder verschleppt, z.B. in das Polen-Jugendverwahrlager Litzmannstadt in Łódź oder dessen Nebenlager für Mädchen in Dzierżązna (25 km nördlich von Łódź ). Andere wurden mit ihren Eltern in die KZ Auschwitz oder KZ Majdanek deportiert. Rund 4500 Kinder wurden - u.a. aufgrund ihres Aussehens, blond und blauäugig – als „eindeutschungsfähig“ ihren Eltern weggenommen, nach Deutschland verschleppt, zur Adoption freigegeben oder einem „Lebensborn“-Heim übergeben.
Hunderte blieben trotz der Nachkriegs-Suchaktionen vermisst. In der polnischen Geschichtsschreibung wird die Aktion häufig 'Dzieci_Zamojszczyzny' = Kinder von Zamosc genannt und von Kinderraub gesprochen, so auch das US Holocaust Memorial and Museum.
Inschrift auf dem Gedenkstein (dt. übersetzt): "Den Kindern aus der Region um Zamość, die zwischen 1942 und 1943 durch die Hitlerdeutschen ermordet oder verschleppt wurden. Zum 20. Jahrestag der Aussiedlung und Pazifikation. Die Einwohner der Region um Zamość. Zamość November 1962."

WiderstandRotunde, u.a. Umsiedlungslager; Foto pl.wikipedia
Die Massenaussiedlungen stießen zunehmend auf Widerstand. Die Mehrzahl der Gesuchten flüchtete, versteckte sich oder ging zu den Partisanen in die Wälder. Im Frühjahr 1943 kam es an mehreren Orten zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit deutschen Ordnungskräften oder zu Angriffen auf (deutsche) Neu-'Ansiedler'. Trotz der harten „Antipartisanenaktionen“ (Pazifikationen) konnte der Widerstand nicht gebrochen werden. Mitte August 1943 brachen Himmler und Globocnik die Aktion ab.

Bilanz
Die Mehrzahl der vertriebenen polnischen Bauern flüchtete. Etwa 10.000 polnische Bürger*innen wurden bei der Aktion getötet, u.a. in der Rotunde von Zamość erschossen; zehntausende wurden zur Zwangsarbeit nach Deutschland oder in Konzentrationslager Majdanek und Auschwitz verschleppt. Die landwirtschaftliche Produktion und die Ablieferungen an die Wehrmacht gingen zurück. Die Widerstandsbewegung erstarkte beträchtlich (so auch Ernst Zörner, SS, Gouverneur des Distrikts Lublin, in einer Denkschrift vom 24. Februar 1943, in: Röhr u.a. (Hg.), a.a.O., S. 250ff.). Etwa 9000 volksdeutsche Menschen (statt der vorgesehenen 60000) fanden in den gewaltsam freigeräumten Dörfern bis Herbst 1944 eine vorübergehende Bleibe.